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Wahrheit (Definition)

 

“Und ihr werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.”
[Johannes 8, 32]

Wahrheit, Schönheit und Güte sind die drei platonischen Tugenden. Ganze Philosophien drehen sich darum, was oder was nicht über die Wahrheit gewusst werden kann.

In ihrem ganzen Ausmaß ist Wahrheit so unermesslich wie das Universum. Um einen Anfang darin zu machen, uns der Thematik zu nähern, müssen wir verschiedene Ebenen der Wahrheit anerkennen. Jede Ebene davon ist relativ zum Kontext und zum Wahrnehmenden. Dies ist notwendig, um überhaupt etwas über diese Thematik sagen zu können, bedeutet aber nicht, dass wir Wahrheit als relativ oder subjektiv betrachten müssen.

Es existieren verschiedene relative Grenzen des Wissens auf jeder Ebene der Existenz. Ein mathematisches Beispiel hierfür ist Gödels Unvollständigkeitssatz, welches besagt, dass kein System seine eigene Beschreibung beinhalten kann. Um jenes System beschreiben zu können, ist ein umfangreicheres Metasystem notwendig. Im weiteren Sinne kann die physische Welt damit keine vollständige Beschreibung ihrer selbst enthalten. Überdies erklärt der Quanten-Indeterminismus ein vollständiges, erschöpfendes Wissen über den Zustand eines jedweden physischen Systems als unmöglich. Das bedeutet aber nicht, dass es keine ‘Metawelt’ geben kann, in der die gegenwärtige, beobachtbare Welt eingebettet ist und somit eine vollständige Beschreibung derselben möglich wäre.

Solch ein Argument führt zu einer unendlichen Regression von Welten innerhalb von Welten, in der jede der umfassenden Welten den Zustand und die Gesetze der umfassten Welten beinhaltet. Esoterische Wissenschaft, wie sie von der Tradition und modernen gechannelten Quellen zum Ausdruck gebracht wird, beschränkt die Ebenen allgemein auf sieben Dichten oder Kosmen. Die Wurzel der Schöpfung ist, was verschiedentlich ‘Absolutes Ich’, ‘das Eine’ oder ‘siebte Dichte’ genannt wird und die Quelle alles anderen darstellt. Demzufolge wäre dieses System sein eigenes Metasystem. In diesem ‘Geist Gottes’ gäbe es keinen Unterschied zwischen Signifikat und Signifikant, zwischen Gedanke und Realität. Die gesamte Wahrheit und das gesamte Sein würen davon umschlossen sein. Anders ausgedrückt: Nur Gott kennt Gott, wohingegen die Schöpfung von ihren verschiedenen Ebenen aus verschiedene Facetten der Schöpfung – die ‘Namen Gottes’ oder die ‘Verzweigungen des Schöpfungsstrahls’ – kontempliert.

Wahrheit, die auf verschiedenen Ebenen repräsentiert werden kann, ist im Vergleich zur gesamten Existenz somit zwangsläufig relativ. Hieraus folgt jedoch nicht, dass Wahrheit auch relativ ist, wenn sie mit Aussagen auf ihrer eigenen Ebene verglichen wird.

Wahrheit von jeder Ebene aus betrachtet – außer der des unbeschreiblichen Göttlichen – ist ihrer Natur nach offen, expandierend und inklusiv. Andererseits ist eine Lüge eine willkürliche Begrenzung oder Ausnahme, oder etwas, das danach strebt, den Zugang zu einem Teil der Wirklichkeit zu verweigern. Indem der Wahrheitssuchende nach einem immer umfangreicheren Wissen über das Universum strebt, begeht er einen Weg des Aufstiegs, der ihn mit höheren Perspektiven konfrontiert, die dazu benötigt werden, zwischen dem bruchstückhafteren Wissen über das Spezifische und der Einheit der höheren Wahrnehmung eine Brücke zu schlagen. Auf diese Weise kann gesagt werden, dass jedes Studium letztendlich zu Gott führt.

Die philosophischen Ansichten über die Wahrheit und die Kriterien darüber, wie man sie kennen kann, sind unterschiedlich. Auf der einen Seite haben wir den Rationalismus, der behauptet, dass nur Gedanken als real angesehen und miteinander durch Anwendung von Logik verglichen werden können. Descartes’ berühmtes ‘cogito’ vertritt diese Richtung. Der Empirismus behauptet hingegen, dass nur das existiert, was durch die Sinne bekannt und durch physikalische Experimente reproduzierbar ist. Auf den moralischen Bereich übertragen bringen beide Richtungen gleichermaßen absurde, wenngleich unterschiedliche Extreme hervor. Rationalismus führt zum Solipsismus und zur völligen Subjektivität und Relativität aller Werte. Radikaler Empirismus führt zu einer vollständig mechanischen Sicht des Menschen, wie z.B. in Skinners ‘radikalem Behaviorismus’ mit seinem dazugehörigen Mangel jedweder Dimension ethischer Bedeutung. Philosophen haben entlang der Grenze zwischen der Vorrangstellung des Gedanken und der Vorrangstellung der Sinnesempfindung unterschiedliche Richtungen eingeschlagen. Die esoterische Denkweise erkennt im Allgemeinen einen gesonderten Bereich der Anwendbarkeit für beide Prinzipien an.

Um eine brauchbare Metaphysik zu haben, muss generell eine Welt mit einer objektiven Existenz angenommen werden, deren Wahrnehmung von zahlreichen Beobachtern geteilt wird. Diese Beobachter sind ihrer Struktur nach gleich und grundsätzlich zu gleichen Beobachtungen imstande. Nur auf solch einer Basis können wir von einer gemeinsamen Wahrheit sprechen – von Beobachtung, Objektivität, von Kriterien zur Überprüfung der Wahrheit, usw. Selbst dann müssen wir die Auswirkungen der Beobachtung auf das beobachtete System und die unvermeidliche Ungenauigkeit der Kommunikation berücksichtigen. Die Cassiopaeaner haben gesagt, dass, wenn zwei Wesen jeweils keine Grenzen besäßen, sie exakt dasselbe wären. Dies läuft darauf hinaus, dass potenziell alle eins sind. Solange es jedoch Wesen gibt, die nicht unendlich sind und nicht alles umfassen, muss es einen Unterschied der Perspektive geben, obgleich einen geringen. Folglich kann sich – theoretisch gesehen – nur eine Gruppe von Beobachtern der vollständigen Wahrheit eines beliebigen Phänomens asymptotisch annähern.

Auf menschlicher Ebene ist Wahrheit nicht offensichtlich – weder in Bezug auf die innere Natur des Menschen noch auf die physische Welt und am allerwenigsten auf höhere Welten. Das Wissen mag mehr oder weniger feststehen, mehr oder weniger verifiziert und mehr oder weniger allgemein anwendbar sein. In diesem Sinne ist jedes Wissen, das dem Menschen zugänglich ist, notwendigerweise kontextuell und relativ. Dennoch können wir von qualitativ unterschiedlichen Herangehensweisen sprechen, die Welt zu kennen: Der eine sucht die Wahrheit in ihrem vollen Ausmaß ihrer selbst willen, während ein anderer nach Wissen strebt, um einer festgelegten Agenda oder einem Wertesystem zu dienen. Das Wissen ist größtenteils gleich, doch die Einstellung und Herangehensweise bilden zwischen dem STO- und den STS-Suchenden den Unterschied. Ebenso unterscheidet sich bei beiden die Einstellung gegenüber dem Teilen des Wissens. Sogar wenn sie nicht direkt lügen, ist es für STS typisch, Informationen für einen zukünftigen Nutzen vorzuenthalten und nach dem Need-to-know-Prinzip (Kenntnis nur bei Bedarf) zu handeln, indem sie Informationen horten und diese selektiv und mit möglicher Desinformation verbreiten.

STO-orientierte Parteien unterliegen ebenfalls Beschränkungen beim Teilen von Wissen, jedoch haben diese Beschränkungen einen anderen Ursprung als die Faktoren, welche STS ihre Informationen vorenthalten lässt. Um den freien Willen zu wahren und das individuelle Lernen und das dazugehörige Anwachsen des Seins zu fördern, kann Wissen nicht gegeben werden, solange der Suchende nicht angemessene Anstrengungen unternimmt. Des Weiteren tendiert STO dazu, den freien Willen der Menschen darin zu respektieren, das zu glauben, was sie glauben wollen, und zwingt ihnen daher keine Informationen auf, indem sie große Wunder oder unbezweifelbare Beweise des Spirituellen aufzeigen oder unaufgefordert Wissen ‘austeilen’. Das Prinzip des offenen Teilens und Netzwerkens passt am besten zu Teilnehmern gleichartiger Ebene.

Wahrheit hängt mit Freiheit zusammen. Um von einem freien Willen jeglicher Konsequenz sprechen zu können, muss das Ausüben des freien Willens auf einer essenziell wahren Sicht der Welt basieren. Lügen und Ignoranz sind definitionsgemäß begrenzende Faktoren, deren Eigenschaft darin besteht, Dinge aus der Domäne des freien Willens auszuschließen.

 

Posted in Cassiopedia